Staatsexamen – Krise nutzen für langfristige Reformen!

Eine Reform des Ersten Staatsexamens für Lehrämter ist längst überfällig - das macht die aktuelle Krise noch einmal mehr deutlich.

In den letzten Wochen haben sich die Studierenden im BLLV verstärkt für faire Bedingungen der benachteiligten Staatsexamenskandidat*innen im Frühjahr/Herbst 2020 eingesetzt. Und auch nach Corona wollen sie ihren Kampf für ein faires Staatsexamen entschlossen fortsetzen!

„Wir kämpfen weiter für eine bessere Lehrerbildung - und zwar langfristig und für alle Studierenden!“
(Laura Teichmann)

„Aufgrund der Corona-Pandemie sieht sich das Kultusministerium gezwungen, auf Forderungen einzugehen, an denen wir schon seit Jahren festhalten. Das wäre so kurzfristig vorher undenkbar gewesen“, sagt die Vorsitzende Laura Teichmann. Die Krise weiche althergebrachte Denkmuster auf. Das sähe sie und das gesamte Vorstandsteam als Chance, überfällige Reformen endlich durchzusetzen. Die Studierenden wollen die Krisenzeit nutzen, um hinsichtlich des Staatsexamens langfristig bessere Bedingungen für alle Lehrämtler zu erreichen und halten damit an einer nachhaltigen Verbandspolitik fest.

Mit der Petition “Stexit -für ein faires Staatsexamen”, die bereits von fast 4.000 Unterstützer*innen unterzeichnet wurde, stießen die Studierenden bereits Anfang des Jahres eine strategische Initiative an. Damit wollen sie die Bildungspolitik auf die Missstände dieser starren Prüfungsform aufmerksam machen. Die Krise deckt diese nun noch klarer auf:

  • Fehlende Planungssicherheit: Die vermeidlich lange Planungszeit ermöglicht keinerlei Flexibilität. Das größte Problem: Das Examen erfährt eine allesentscheidende Gewichtung. Dadurch verlieren Studierende nicht nur in Krisenzeiten eine wichtige Planungssicherheit hinsichtlich ihres Antritts zum Referendariat. Die Lösung: Aufwertung universitärer Vorleistungen. Dadurch würde sich die Gewichtung der universitären Vorleistungen legitimerweise (etwa 40-60 Einzelprüfungen pro Studierenden) erhöhen. 
  • Damit einhergehend: Keine zuverlässige Leistungsmessung. Es mangelt an Reliabilität. Das lässt sich, allein schon aus statistischer Sicht, ganz einfach rechtfertigen: Die tatsächliche Leistung eines Lehramtsstudierenden lässt sich vielmehr durch den Durchschnitt von 40-60 Leistungserhebungen erfassen, als durch die Mittlung von 4-10 Leistungen. Vor allem dann, wenn die Leistungserhebung der 4-10 Leistungen unter widrigen Umständen stattfindet, die die tatsächliche Leistung verzerren. Diese Umstände gehen über die erschwerten Bedingungen durch die momentane Krisensituation hinaus. So können die Examenskandidat*innen beispielsweise einen schlechten Tag haben oder einen Blackout. 
  • Subjektive Bewertung: Aktuell obliegt es den jeweiligen Prüfer*innen, ob sie die erschwerten Bedingungen der Krisenzeit in die Bewertung einfließen lassen. Dabei können die Prüfer*innen selbst entscheiden, ob sie mit Nachsicht korrigieren oder aber noch strenger, da sie der Ansicht sind, die Studierenden hätten durch die verzögerten Termine an Lernzeit gewonnen. Da es hier keine zentralen Vorgaben und keine Absprachen unter der Prüfer*innen gibt, unterliegt der einzelne Prüfling einer systemimmanenten Willkür. Das ist ein untragbarer Zustand, der in Krisenzeiten verschärft wird, jedoch für alle Examensjahrgänge gilt: Weil es keine Vorgaben für eine einheitliche Korrektur gibt, beziehungsweise, weil das Spannungsverhältnis zwischen zentraler staatlicher Prüfung und universitärer Freiheit nicht ausreichend geklärt ist. Dieses Spannungsverhältnis wird seit Jahren auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen. Vorschläge, dieses Spannungsverhältnis zu lösen, unterbreiten wir in unserer Petition
  • Keine Aussage über Eignung: Die Krise macht deutlich, dass es im Lehrerberuf auf viel mehr ankommt, als auf die Fähigkeit, Prüfungen zu absolvieren: Es werden digitale Spezialisten gebraucht, Menschen, die neue Wege finden und Probleme lösen können, die Schüler*innen pädagogisch erreichen können. Wir brauchen alternative Prüfungsformen, die mehr testen, als nur unser Wissen!

Neben den genannten Punkten umfasst die Petition auch Forderungen nach einer einheitlichen, angemessenen und schnellen Notenbekanntgabe, einem fairen Umgang mit nichtbestehenden Studierenden und mehr Wiederholungsmöglichkeiten bei Nichtbestehen des Examens.

Kurzfristige Forderungen für die Staatsexamenskandidat*innen Frühjahr/Herbst 2020

Darüber hinaus fordern die Studierenden im BLLV mit Nachdruck weiterhin faire Bedingungen für die Staatsexamenskandidat*innen 2020:

  • Klarheit: Wie genau sieht ein Referendariat auf Probe aus? Nach welchen Kriterien (z.b. bereits vorliegende Noten) werden Kandidat*innen für ein Referendariat auf Probe zugelassen? Wie wirkt sich ein Referendariat auf Probe auf die Möglichkeit der Wiederholung der Prüfung im Herbst 2020 aus? Ist hier vorgesehen, dass Wiederholungsprüfungen und das Referendariat auf Probe parallel gestemmt werden müssen?
  • Schnelligkeit: Korrekturen beschleunigen und so vielen Studierenden wie möglich maximale Sicherheit gewährleisten: So wenig Studierende wie möglich sollten das „Referendariat auf Probe“ antreten müssen
  • Nachteilsausgleich: Berücksichtigung der besonderen Situation durch Kulanz bei der Korrektur, Verrechnung der Examensnoten mit Univornoten (Handhabung wie bei EWS-Examen)