Studienfinanzierung in Zeiten der Pandemie - Corona und die finanzielle Not der Studierenden
Wie ergeht es Studierenden in Zeiten von Corona? Für viele bedeutet das, wieder ein Semester vom Schreibtisch aus. Mit digitalen Veranstaltungen. Ohne die alltäglichen Kontakte auf dem Campus. Unklar, wie die Prüfungen abgelegt werden. Für mich und einige andere heißt es aber vor allem, wieder ein Semester in finanziellen Nöten.
Um mir mein Studium finanzieren zu können, muss ich nebenbei in einem Mini-Job arbeiten. Wie viele Studierende mache ich das in der Gastronomie. Meine Eltern verdienen gerade so viel, dass ich kein Bafög bekomme, aber sie mich nicht wirklich unterstützen können. Und irgendwo bin ich auch stolz darauf, mir mein Studium selbst ermöglichen zu können. In diesem Jahr allerdings fühle ich mich hilflos und alleingelassen.
Erster Lockdown – völlige Überforderung
Innerhalb weniger Tage konnte ich nicht mehr arbeiten. Im März musste die gesamte Gastronomie im ersten Lockdown schließen. Verständlicherweise. Ich verstehe die Maßnahmen. Was ich nicht verstehe, ist, warum man so spät an uns Studierende denkt.
So saß ich da im April, immer noch ohne eine Möglichkeit arbeiten zu gehen, mit einem halben Monatsgehalt aus dem April, was gerade die Miete meines kleinen WG-Zimmers gedeckt hat. Große Rücklagen habe ich nicht, dafür verdiene ich zu wenig. Ich hatte zwei Optionen: Entweder, meine Eltern um Unterstützung bitten, was bedeutet, dass sie mir hart Erspartes geben müssen oder meinen Arbeitgeber um einen Gehaltsvorschuss bitten, den ich in den Semesterferien wieder reinarbeite. Ich habe mich für beides entschieden, etwas Unterstützung durch meine Eltern und ein kleiner Vorschuss von der Arbeit.
Mittlerweile wurde dann doch auch mal eine Hilfe für Studierende angekündigt, die Möglichkeit unkompliziert einen Kredit zu beantragen. Solch einer muss allerdings auch irgendwann zurückgezahlt werden. Und natürlich befinden wir uns in einer großen Krise, aber warum muss ich mich dafür verschulden? Ich war mehr als frustriert.
Endlich eine Aussicht auf finanzielle Hilfen für Studierende – aber nicht so schnell…
Im Mai wurden die Maßnahmen dann gelockert und ich konnte ab Mitte des Monats wieder arbeiten. Das aber mit einem ordentlichen Minusstundenkonto, da ich auch für den April um einen Gehaltsvorschuss bitten musste und einem großen schlechtem Gewissen meinen Eltern gegenüber. Aber – es soll eine weitere Nothilfe für Studierende geben, die ab Juli beantragt werden kann. Ab Ende Juli könne dann mit einer Auszahlung gerechnet werden.
Dass so ein Antrag nicht mit einer E-Mail getan ist, habe ich mir schon denken können, aber was für ein großer Aufwand dahintersteckte, habe ich als unverhältnismäßig empfunden. Aufgrund der Hilfe meiner Eltern und der Gehaltsvorauszahlung (obwohl ich ein extra Schreiben meines Arbeitsgebers diesbezüglich mitgeschickt hatte), habe ich keine Unterstützung bekommen, denn ich hatte ja trotzdem genug auf meinem Konto. Aber wie hätte ich denn sonst bitte seit April meine Miete und Nebenkosten zahlen sollen? Von was hätte ich Essen kaufen sollen?
Ja, es gab irgendwann eine Hilfe, aber auch hier wurden – wie beim Bafög – nur einzelne Faktoren betrachtet und nicht das Gesamtbild und das auch noch viel zu spät. Wodurch viele Betroffene wie ich durch das Raster gefallen sind. Studierende, die dringend Hilfe benötigt hätten, aber keine bekommen haben.
Zweiter Lockdown – alles nochmal von vorne…
Jetzt sind wir im zweiten Lockdown und ich bin in der gleichen Situation wie im März. Ich habe gerade meine Minusstunden wieder reingearbeitet und muss nun wohl wieder neue in Kauf nehmen.
Ich verstehe, dass manche Prozesse langsamer laufen und Zeit benötigen. Aber die aktuelle Situation war nicht unvorhersehbar und wir Studierenden brauchen schnelle Hilfe, weil die, die sie wirklich brauchen, keine großen Reserven zum Überbrücken haben.
Bafög-Kriterien allgemein überdenken
Mir hat die Situation mit Corona mehr denn je gezeigt, dass die aktuelle finanzielle Unterstützung für Studierende seitens des Staates mehr als überholt gehört. Das Bafög allein vom Gehalt der Eltern abhängig zu machen, ist einfach nicht aussagekräftig genug. Was auf dem Papier vielleicht in eine Tabelle passt, sieht im echten Leben wieder ganz anders aus.
Ja, Studieren ist ein Privileg und ich bin sehr dankbar, dass ich studieren darf. Ich bin dankbar um meinen Arbeitsplatz, der mir mein Studium ermöglicht.
Es braucht aber eine neue Art des Bafög, das jedem Studierenden ermöglicht, eine bestimmte finanzielle Unterstützung zu bekommen, unabhängig von den Eltern. Wir möchten die Möglichkeit haben, selbst zu bestimmen, was wir studieren möchten. Wo wir studieren möchten. Ohne, dass wir vom Willen der Eltern abhängig sind. Wir möchten auch im Studium schon selbständig sein und nicht weiterhin vom Gehalt unserer Eltern leben. Wir möchten studieren, ohne eine finanzielle Last für unsere Eltern sein zu müssen. Dafür brauchen wir ein neues Bafög für alle, das schneller und flexibler den Studierenden hilft. Damit wir auch Krisenzeiten überstehen. So wie jetzt in Zeiten von Corona.
Die/der Autorin/Autor ist Mitglied bei den Studierenden im BLLV und möchte anonym bleiben.