Über den Sinn und Unsinn der Betriebspraktika im Lehramtsstudium
Wir Lehramtsstudierenden haben in unserem Studium einige Praktika zu absolvieren. Das ist auch gut so, zumindest in den meisten Fällen. Aber bei einem kamen mir Zweifel – dem Betriebspraktikum.
Nicht, dass ich die Idee schlecht finde. Ganz im Gegenteil! Ich finde es gut, dass wir Lehramtsstudierenden Einblicke in andere Berufe bekommen. Zum einen zur Bestätigung des eigenen Berufswunsches, zum anderen zur Vorbereitung auf das Lehrerdasein. Wir unterrichten Schüler. Schüler, die nach der Schulausbildung eine Berufswahl treffen sollen. Und wir Lehrerinnen und Lehrer bereiten unsere Schüler darauf vor. Je nach Schulart mehr oder weniger intensiv. Wie sollen wir dies können, wenn der eigene Weg direkt von der Schule an die Universität und dann wieder in die Schule geht?
Meine Kritik richtet sich also nicht an das Praktikum selbst, sondern an die Rahmenbedingungen.
So wirklich Lust auf das Betriebspraktikum hat kaum einer meiner Kommilitonen. Im Studium selbst gibt es genug andere Dinge zu tun: andere Pflichtpraktika, Prüfungsleistungen, Hausarbeiten. Wer möchte da schon acht Wochen mit einem Praktikum verbringen, das uns im Studium inhaltlich nicht weiterbringt?
Immerhin wird kaum kontrolliert und nachgefragt, ob wir das Praktikum wirklich absolviert haben. Wie gut, dass der Papa/Onkel/Nachbar/Bekannte eine Firma hat, in der man mal für ein paar Tage als Praktikant arbeiten kann oder zumindest so tun kann, als ob. Hauptsache man bekommt am Ende eine Bescheinigung für die geforderte Wochenanzahl. Ich kenne viele Kommilitonen, die genau so ihr Betriebspraktikum „absolviert“ haben.
Dass das aber so gar nicht der Sinn der Sache ist, dürfte jedem klar sein.
Wie kann man dieses Praktikum also anders und attraktiver gestalten?
Zu aller erst: Es sollte ein vergütetes Praktikum sein. Acht Wochen lang 40 Stunden die Woche mit dem Praktikum beschäftigt zu sein, ist für viele, die nebenbei noch Geld verdienen müssen, um sich das Studium leisten zu können, ein wirkliches Problem. Aber auch für die Studierenden mit finanzieller Unterstützung vom Staat oder den Eltern stellt sich die Frage: Warum sollte ich ein Praktikum umsonst absolvieren, für das andere eine Vergütung bekommen? Wenn das Praktikum bezahlt werden würde, könnten wir es auch viel besser mit einem Ferienjob verknüpfen. Die meisten Ferienjobs und Nebenjobs unterscheiden sich doch im Aufgabenfeld kaum oder gar nicht von einem Betriebspraktikum. Der einzige Unterschied: Für das eine bekommt man einen Lohn, für das andere nicht. Warum darf ich also die Arbeit in dem Café, in dem ich seit zwei Jahren regelmäßig arbeite, nicht anrechnen lassen? Oder meinen Nebenjob, den ich in den Semesterferien gemacht habe?
Bleibt noch die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Praktikums.
Die ist, meiner Meinung nach, ja nicht infrage zu stellen, aber der Sinn muss den Studierenden verdeutlicht werden, um die Motivation zu heben. Wie wäre es mit einem kurzen 2-3 tägigen Seminar zum Thema Betriebspraktikum? Dort hätten wir Lehramtsstudierenden den Raum, ernsthaft über das Praktikum zu reflektieren, die Unterschiede von einem „normalen“ Beruf zum Lehrerberuf nochmals aufzuzeigen und zu erkennen, inwiefern uns dieses Praktikum im späteren Schulalltag weiterbringt. Im Rahmen eines solchen Reflexionsseminars könnte auch ein Exkurs in eine Schule stattfinden, in der gerade die Berufsorientierung ansteht.
Unter diesen Rahmenbedingungen wäre das Betriebspraktikum sinnvoll und würde dem gerecht werden, was es uns tatsächlich bringen soll. Im Moment ist es nicht mehr, als ein weiterer organisatorischer Aufwand und häufig ein zusätzlicher Stressfaktor im Studium.
Die Autorin, Laura Teichmann, studiert Lehramt Mittelschule und ist 1. Vorsitzende der BLLV Studierendengruppe Passau.