Mein Ärger über das Erste Staatsexamen

Ich möchte meinem Ärger mal ein wenig Luft machen. Es geht um das (leidige Thema) Staatsexamen. Ich verfolge mit, dass der BLLV gegen diese äußerst fragwürdige und veraltete Prüfungsform bereits angeht und dafür kämpft, dass diese zumindest überarbeitet wird. Hierfür großes Lob!!

Als ob die Hürde Staatsexamen nicht schon groß genug wär, gibt es zahlreiche negative Erfahrungen bereits bei der Anmeldung. Man kann tatsächlich von „der halben Miete“ sprechen, wenn man überhaupt zugelassen wird. Ich möchte Euch einige Beispiele erzählen, die zeigen, dass engagierten Lehramtsstudierenden Steine in den Weg gelegt werden.

Eine Freundin hat diesen Herbst das Examen Deutsch als Zweitsprache (DAZ) geschrieben – übrigens, wenn Ihr mich fragt, ein reines „Glücksspiel“, da das Examen nur aus einer Prüfung besteht (das kann unmöglich die Leistung widerspiegeln). Nach dem Examen fuhr Sie für zwei Monate ins Ausland, um von dem Examensstress Abstand zu nehmen, mit dem Wissen, dass die Examensbriefe, wie in den letzten Jahren auch, im Dezember/Januar verschickt werden. Anfang Dezember kehrte sie zurück und musste feststellen, dass Sie leider durchgefallen ist und der Brief bereits am 13.11. verschickt wurde. Leider kam sie erst Anfang Dezember von ihrer Reise zurück und konnte die zweiwöchige Anmeldefrist (hier ein großes "WARUM?!") nicht wahrnehmen. Tja, Pech für sie, denn sie konnte sich im Prüfungsamt nicht mehr für März 2020 anmelden und darf erst im Sommer schreiben. Das bedeutet, sie kann erst ein Jahr später ins Referendariat. Da frag ich mich ernsthaft:

Geht‘s eigentlich noch?!

Überall wird gerufen: „Wir brauchen Lehrer*innen“, und dann wird jemand vom Prüfungsamt ohne mit der Wimper zu zucken weggeschickt, weil er/sie diesen nicht absehbaren Brief zu spät persönlich in die Hände bekommen hat? Als ich von dieser Geschichte (es ist meine Mitbewohnerin) gehört habe, wurde ich sehr wütend! Die Briefe sind eh auch so eine Sache: Warum gibt es nicht EINEN Termin, an dem die Ergebnisse online gestellt werden? Und warum werden eigentlich noch Briefe verschickt? Wie veraltet! Bei Jura zum Beispiel gibt es einen fixen Termin, an dem alle Ergebnisse gleichzeitig (!!!) online gestellt werden. Das wäre doch mal ein (Fort-)Schritt in die richtige Richtung!

Nächstes Beispiel: eine Bekannte wurde nicht zum Examen zugelassen, da sie als Kind aus dem Iran geflüchtet ist. Sie hat keine Geburtsurkunde und ihr wurde deshalb die Anmeldung verweigert. Sie ist für ihr Studium extra von Berlin nach Augsburg gezogen - und dann sowas! Fassungslosigkeit macht sich breit. Da studiert man jahrelang extra in Bayern und dann wird einem wegen eines (!!!) fehlenden Dokuments, das aus gutem Grund nicht auffindbar ist, die Teilnahme am Staatsexamen verweigert?

Ich fasse es einfach nicht!

Sie hat alles versucht und ist auch rechtlich gegen diesen Beschluss vorgegangen: nix zu machen.

Weitere Beispiele: Der Stempel vom Prüfungsamt hat gefehlt. Der betroffene Staatsexamenskandidat wurde morgens um kurz vor acht aus dem Prüfungssaal geschickt und durfte nicht mitschreiben. Warum macht man sowas? Natürlich verstehe ich, dass es gewisse Vorschriften gibt, aber manche Reglementierungen und bürokratische Vorschriften sind wirklich mehr als fragwürdig. Es ist nur ein Stempel?! Und dieser Stempel hat Auswirkungen auf die ganze Zukunft des Betroffenen?

Das darf nicht sein!

Noch eins: Eine Studentin hat zwei Tage vor ihrem ersten Examen die Nachricht erhalten, dass sie durch eine ihrer letzten Prüfungen gefallen ist und nach monatelangem Lernen nicht zugelassen ist, da sie eben durch eine (!!!) Uniprüfung gefallen ist. Aha schön, da lernt man monatelang und ist auch mehr als froh ENDLICH anzutreten, den Druck endlich hinter sich zu lassen, wieder ein normales Leben führen zu können und dann heißt es: „Also wenn sie durch diese eine Prüfung gefallen sind, müssen sie die Prozedur nochmal mitmachen.“ So nach dem Motto: Weils so schön war nochmal...? Weshalb kann sie die Prüfung nicht einfach nachholen und das Examen trotzdem schreiben? Auch hier haben engstirnige Reglementierungen wieder massive Auswirkungen auf die Zukunft der Betroffenen.

Zusammenfassend möchte ich sagen:

Ich erhebe hiermit meine Stimme für all diejenigen, die solche Rückschläge einfach so hinnehmen müssen.

Ich habe mein erstes Staatsexamen in der Tasche und würde es wohl eher als „Glück“ bezeichnen, dass ich nicht auch eine persönliche „Knallergeschichte“ erlebt habe.

Dieses überreglementierte Examen macht mich einfach so wütend. Zugleich bin ich fassungslos, dass alle immer rufen „Lehrermangel, Lehrermangel!“ und dann wird uns, gerade in Bayern, bei jeder Gelegenheit ein Bein gestellt. Soll uns das schon auf den Berufsalltag vorbereiten? Wenn ja, dann wird alles dafür getan, dass wir Studierenden bereits gestresst ins Referendariat starten. Na, danke dafür!

Lieber BLLV, bitte kämpft weiterhin dafür, dass willige und motivierte Menschen, die Lust auf diesen Beruf haben, nicht wegen solch bürokratischen Banalitäten ausgebremst werden. Das kann und darf einfach nicht sein.

Da vergeht einem wirklich die Lust für den Freistaat Bayern zu arbeiten.

Ich weiß, es gibt Vorschriften, Regelungen, LPOs, ja! Aber wenn doch jede Lehrkraft gebraucht wird? Warum können dann nicht wenigstens die Anmeldebedingungen verbessert werden? Das Examen ist ja schon Schikane genug.


Sonja von der Uni Augsburg, Lehramt für Mittelschule, BLLV Studierendengruppe Augsburg.


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