Vorstand Studierende im BLLV
v.l.: Larissa Mayer, Simon Kratzer, Lena Schäffer, Carina Philipp
Bildungsexkursion nach Kopenhagen vom 21.05-24.05.2024

Kopenhagen-Exkursion 2024

Mit vielen Eindrücken, neuen Ideen und einem immer noch andauernden Staunen kehren wir von unserer Bildungsexkursion aus Kopenhagen vom 21.05-24.05.2024 zurück.

Die Reise nach Dänemark war eine wunderbare Gelegenheit, neue Schulkonzepte kennenzulernen, sowie ein von Grund auf anderes Bildungssystem von allen Seiten zu betrachten. Dabei konnten wir Einblick in drei Professionsschulen, über die hier auch noch genauer eingegangen wird, bekommen. Zusätzlich dazu führten wir Gespräche im Dänischen Ministerium für Kinder und Erziehung und konnten mit dem dänischen Lehrerverband in Kontakt treten. Beim Makerspace TekX wurde uns gezeigt, wie Technik, Innovation und Digitalisierung zusammengefügt werden, um selbstgesteuertes Lernen zu ermöglichen.

Einen Monat nach der Bildungsreise haben wir uns zusammengesetzt, um unsere Erfahrungen und Eindrücke zu reflektieren.

Die für uns wichtigsten Punkte waren:

  • dass regelmäßige Umfragen an den Schulen zum Wellbeing der SuS (und auch Wellbeing im Allgemeinen) durchgeführt werden
  • die Art der Klassenbildung in den Schulen
  • das selbstgesteuerte und experimentelle Lernen
  • die Bildung von multiprofessionellen Teams und die gelebte Inklusion
  • die Bewertung auch bzgl. Noten und der positiven Fehlerkultur (und auch das längere gemeinsame Lernen)
  • die Möglichkeit sich direkt an Schulen zu bewerben

Im Folgenden möchten wir einige Einblicke zum Wellbeing und zur gelebten Inklusion in Dänemark ausführen.

Wellbeing

Eins der obersten Ziele des dänischen Schulsystems ist das „Wellbeing“. Das Wohlbefinden der Schüler*innen wird von der Schule erhoben und es wird aktiv daran gearbeitet, dieses zu steigern. Durch Fragebögen wird das Wohlbefinden der Schüler*innen in regelmäßigen Abständen analysiert. Dabei werden zum Beispiel die Bereiche allgemeines, schulisches sowie soziales Wohlbefinden abgefragt. Aufgrund der gesammelten Daten wird dann versucht, das Wohlbefinden der Schüler*innen zu steigern. 

Damit zeigt das dänische Schulsystem, dass es auf aktuelle Herausforderungen wie die steigenden Zahlen von psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen (1) reagiert und den Fokus auf die Schüler*innen richtet. Die Schule soll für diese ein Ort des Wohlfühlens sein. Akademischer Druck wird aufgrund der späten Notenvergabe, welche erst ab der 8. Klasse stattfindet, minimiert.

Es war wohltuend, diese Priorisierung der Schüler*innen, über ihre akademischen Leistungen hinaus zu erleben. Insgesamt wird auf einen freundschaftlichen Umgang auch zwischen Lehrkräften und Schüler*innen geachtet und Beziehungsarbeit scheint ein wichtiger Bestandteil des Schulalltags zu sein.

Inklusion

Aber nicht nur mit der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderung des Wohlbefindens setzt sich das dänische Schulsystem auseinander, sondern auch mit der steigenden Heterogenität und der Frage nach gelingender Inklusion.

Makerspace TekX

Durch das Makerspace TekX erhalten auch Schüler*innen aus bildungsfernen Familien die Möglichkeit, sich durch digitale Innovationen technisch weiterzuentwickeln und z.B. auch neue Sprachen durch das Programmieren von Spielen kennenzulernen. Dadurch werden zahlreiche Kompetenzen gefördert, wie unter anderem die soziale Kommunikation und Interaktion, eine gemeinsame und partnerschaftliche Zusammenarbeit, sowie Problemlösekompetenzen.

Doch nicht nur die Heranführung an Technik und Innovationen ist ein positives Beispiel für Inklusion selbst, sondern auch der Unterricht.

Unterrichtsmodelle

Dort durften wir verschiedene Konzepte von Inklusion kennenlernen und uns ein Bild davon machen, wie mit Heterogenität in einer Gesamtschule gelingender Unterricht möglich ist. Ein wichtiges Hilfsmittel für die unterschiedlichen Leistungsniveaus der Schüler*innen bieten in Dänemark unter anderem digitale Tools. Sie erlauben eine unkomplizierte Differenzierung mit unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen.

An einer von uns besuchten Schule wurden die Schüler*innen im Matheunterricht getrennt und eigens von einer Lehrerin unterrichtet, um sie zu fördern. Die Schüler*innen wurden dabei nicht exkludiert, sondern auch von leistungsstärkeren Schüler*innen unterstützt.

Aber auch speziellere Modelle, wie die sogenannten „Gap Rooms“, durften wir besichtigen. Diese bieten für Schüler*innen mit besonderen Bedürfnissen einen Raum als Ort des Lernens und des Wohlfühlens.

Die Frage, welche hierbei gestellt wurde, ist nicht wie die Schüler*innen an die Schule angepasst werden können, sondern wie die Schule sich an die Schüler*innen anpassen kann. Dabei stehen die Schüler*innen mit ihren individuellen Bedürfnissen im Mittelpunkt.

Workshopangebot

Auch beim  Workshopangebot stehen die Schüler*innen im Mittelpunkt. So gab es an einer Schule, die wir gemeinsam besichtigt haben, Klubs, zu denen die Schüler*innen wie in eine Nachmittagsbetreuung hingehen konnten. Das Angebot kostet 80€ pro Monat und dafür bekommen die Schüler*innen an drei Tagen der Woche ein Mittag,- und Abendessen sowie Kurse, die sie sich freiwillig aussuchen können, wie z.B. E-Sports, T-Shirts bedrucken und anmalen, Sport Kurse, Theater Aufführungen usw. Das Angebot ist nahezu allumfassend und die Schüler*innen können sich in vielen Sachen ausprobieren, testen und sich weiterentwickeln.

Dadurch wird Schule ein Ort, bei dem jeder die Möglichkeit bekommt, sich zu entfalten und die Freiräume zu nutzen, die ihm geboten werden. Wir finden: das sollte und müsste Schule leisten können und ein Ort sein, an dem Bildung wertgeschätzt wird und gleichzeitig Talente entfaltet werden können und zwar unabhängig ihrer Herkunft und der Unterstützung aus dem Elternhaushalt.

Besonders spannend fanden wir am dänischen Schulsystem die grundlegende Einstellung, die der Bildung entgegengebracht wurde. Die Menschen im Bildungssystem waren nicht davon überzeugt, den einen richtigen Weg zu kennen. Stattdessen waren sie offen und bereit, Konzepte auszuprobieren, sich aber auch Fehler einzugestehen und wieder „zurückzurudern“ falls nötig. Diese Art von Offenheit sowie den Fokus auf die Schüler*innen würden wir uns auch für das bayerische Schulsystem wünschen.

Bericht von Simon Kratzer und Carina Philipp aus dem Vorstand der Studierenden im BLLV

Anhang:

  1. Psychische Erkrankungen waren 2021 die häufigste Ursache für Krankenhausbehandlungen von 10- bis 17-Jährigen - Statistisches Bundesamt (destatis.de)