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Kommentar zum Beschluss der KMK vom 13.06.2024

Deprofessionalisierung im Lehramtsstudium? – Nein, danke.

Der Beschluss der KMK vom 13.06.2024 zur „Gestaltung von zusätzlichen Wegen ins Lehramt” zeigt sehr deutlich, wie dringend und mit welchen Mitteln versucht wird, dem Lehrkräftemangel Einhalt zu gebieten.

Dieser Beschluss umfasst Studiengänge für einen Quereinstiegs-Master, die Qualifizierung von Ein-Fach-Lehrkräften, sowie das duale Studium und sieht u.a. einen direkten Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst bzw. eine Reduktion der Ausbildungszeit durch die Einbeziehung des Vorbereitungsdienstes in den Studienumfang vor. Dieser Beschluss dient der Umsetzung des bereits beschlossenen Konzepts „Maßnahmen zur Gewinnung zusätzlicher Lehrkräfte und zur strukturellen Ergänzung der Lehrerbildung“. Der BLLV hatte sich bereits bei der ersten Beschlussfassung kritisch gegen die Absenkung der Qualitätsstandards in der Lehrerbildung und die Gefährdung der Bildungsqualität gewandt.

Die Frage, die sich Studierende stellen müssten, die sich derzeit in einem Lehramtsstudium befinden, lautet doch dann: Sollte ich dann besser einen der anderen Wege zum Lehramt wählen und mein bisheriges reguläres Lehramtsstudium an den Nagel hängen? Die Antwort sollte eigentlich auf der Hand liegen: „Nein, denn ich möchte die bestmögliche Ausbildung genießen und keine Abstriche an der Qualität meines Studiums machen müssen“. Denn es sind ja gerade die Alleinstellungsmerkmale des Lehramtsstudiums und seine Zeitdauer, die seine hohe Qualität sichern.

Erst etwas anderes studieren, dann in den Lehrerberuf hineinschnuppern, und wenn es nicht gefällt, kann man immer noch etwas anderes machen. So oder so ähnlich könnte der Weg für manche aussehen. Der vereinfachte und trivialisierte Weg in den Lehrberuf hinein kann gleichzeitig auch zu einem schnelleren Ausstieg führen, wenn sich nach einigen Jahren herausstellen sollte, dass dies doch nicht der richtige Berufsweg war. Und die Studierenden, die aus Leidenschaft und Hingabe diesen Berufsweg eingeschlagen haben und sich schon nach dem Abitur bewusst dafür entschieden haben, werden benachteiligt, so der Eindruck. Während Lehramtsanwärter*innen oft nicht in ihre Wunschregion versetzt werden, hört man immer öfter, dass Quereinsteiger*innen im bevorzugten Ort bleiben dürfen, um sie bei der Stange zu halten. So fühlt man sich als „reguläre" Lehramtsanwärter*innen als B-Ware, während alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um die neuen Quereinsteiger*innen als A-Ware mit verkürzter und alternativer Ausbildung zu bevorzugen.

Das Grundproblem ist jedoch die Deprofessionalisierung des Lehramtsstudiums. Der Fokus scheint auf Quantität statt auf Qualität zu liegen. Durch die Vielzahl der Wege zum Lehramt wird den Studierenden die Möglichkeit genommen, eine fundierte und erprobte Ausbildung zu erhalten, die im Gegenzug für eine breite Masse steht.

Das Land Hessen zum Beispiel wirbt derzeit in einer Werbekampagne mit Slogans wie „Sichere Dir 25 Follower pro Stunde“ oder „Influencer kann man in Hessen studieren“. Auch dies trägt kaum zu einem professionellen Selbstverständnis des Lehrberufs bei.

Es muss an den Stellschrauben im Stellwerk Lehrberuf gedreht werden, um den Lehrberuf durch bessere Arbeitsbedingungen und Entlastung der Lehrkräfte attraktiver zu machen und eben nicht eine neue, ungeprüfte Strecke zu bauen. Gerade an den derzeitigen Studienbedingungen muss sich etwas ändern. Wir, die Studierenden im BLLV, haben schon vor Jahren eine Modernisierung des ersten Staatsexamens gefordert und unsere Forderungen in einer Petition an den Bayerischen Landtag herangetragen. Auch fordern wir einen stärkeren Praxisbezug im Lehramtsstudium durch ein Praxissemester, zu dem wir bereits im letzten Jahr ein Positionspapier veröffentlicht haben, um dem bekannten Praxisschock in der anschließenden zweiten Ausbildungsphase, dem Referendariat, vorzubeugen und so die Abbrecherquoten zu senken. Das größte Potenzial liegt jedoch in der Flexibilisierung des Lehramtsstudiums. Das Studium ist längst reformbedürftig und könnte durch ein flexibles System, das den Studierenden den Wechsel zwischen verschiedenen Schularten bis ins hohe Semester und einen einheitlichen Bachelor- und Masterabschluss ermöglicht, massiv an Attraktivität gewinnen. Durch die drei Studienphasen, die mit zwei Abschlüssen enden, kann die universitäre Lehrerbildung flexibilisiert und ihre Qualität enorm gesteigert werden. Wir begrüßen es daher sehr, dass die KMK bereits eine Flexibilisierung der Lehrerbildung ins Auge gefasst hat, aber die Grundlage bleibt das Professionsverständnis der Studierenden und die bewährte sorgfältige Ausbildung der Lehramtsstudierenden.

Wie schon unsere Präsidentin Simone Fleischmann kritisierte: "Langfristig muss es um die beste Bildung gehen mit grundständig ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern - und dazu gibt es keine Alternative. Wir brauchen eine attraktive Ausbildung und eine Attraktivitätssteigerung des Berufs, um wieder viele junge Leute ins Lehramtsstudium zu bekommen."

Auch wir warnen ausdrücklich vor einer Reduzierung des Umfangs und des Niveaus unserer Ausbildung und möchten uns gegen eine Absenkung der Qualität des Lehramtsstudiums aussprechen.

Um es mit den Worten unserer Vorsitzenden Lena Schäffer, 1. Vorsitzende der Studierenden im BLLV, zu sagen: „Bildung braucht professionelle Lehrkräfte! Eine fundierte und flexible Ausbildung ist unerlässlich, um den vielfältigen Anforderungen des Schulalltags gerecht zu werden. Die Ein-Fach-Lehrkraft und das duale Studium sind keine Lösung.“

Luisa Laubmann, 1. Beisitzende der Studierenden im BLLV