Kommentar zur geplanten Hochschulrechtsreform

Das im Oktober veröffentlichte Eckpunktepapier zur bayerischen Hochschulrechtsreform hat inzwischen für viel Kritik gesorgt. Doch was hat es mit diesem Papier eigentlich auf sich? Und wie würden sich die Inhalte auf uns Lehramtsstudierende auswirken?

Aktuell gibt es zwei Gesetze: Das Bayerische Hochschulgesetz und das Bayerische Hochschulpersonalgesetz. Diese sollen im neuen Bayerischen Hochschulinnovationsgesetz zusammengefasst werden. Die letzte Hochschulreform fand 2006 statt – eigentlich ist es also höchste Zeit, das Ganze auf einen aktuelleren Stand zu bringen, vor allem im Hinblick auf die vergangenen Monate. Vieles in den derzeitigen Gesetzen ist zu unflexibel. Hochschulen sind durch die starren Strukturen teilweise nicht in der Lage, auf Krisen wie auch auf die aktuelle Corona-Pandemie angemessen zu reagieren. Eine Reform ist zwingen nötig - die Frage ist nur, wie diese aussehen soll.

Die vorgeschlagene Reform steht unter dem Stern der größtmöglichen Eigenverantwortung und Freiheit für die Universitäten. Dafür soll auch der Rechtstatus dieser geändert werden – bisher sind die Universitäten zwar Körperschaften des öffentlichen Rechts, aber zu einem Teil auch staatliche Einrichtungen. Zukünftig könnten sie nur noch die Körperschaft des öffentlichen Rechts annehmen und damit aus der Kontrolle des Staates austreten. Das hätte zur Folge, dass UniversitätspräsidentInnen z.B. selbst über das Budget entscheiden könnten, dass es bezüglich von Entscheidungen darüber, welche Fächer an einer Universität angeboten werden sollen, weniger staatliche Vorgaben gäbe und dass die Universitäten sogar die Möglichkeit hätten, wieder Studiengebühren zu erheben! Außerdem könnte das Lehrdeputat, das aktuell fest an die Stellen gekoppelt ist (Profs in Bayern müssen z.B. neun Semesterwochenstunden unterrichten), in ein so genanntes Globaldeputat geändert werden und dann in der Universität intern verteilt werden. Damit geht die Möglichkeit einher, dass manche Profs sich komplett aus der Lehre ziehen könnten. Doch wer fängt das dann auf? Forschung und Lehre würden dadurch keine Einheit mehr bilden und wir Studierende Spitzenprofessoren unseres Faches gar nicht mehr zu Gesicht bekämen. Sieht so Fortschritt aus?

Durch diese neue Struktur wären die Hochschulen wie ein Unternehmen aufgestellt, bei dem die Hochschulleitung Verantwortung wie FirmenchefInnen hätte. Unis hätten dadurch mehr Freiheit und könnten flexibler und schneller agieren, ProfessorInnen könnten vermehrt unternehmerisch tätig werden und auch eigene Start-Ups gründen. Hierdurch entsteht aber auch die Gefahr, dass durch diese unternehmerische Hochschule insbesondere die Geistes- und Sozialwissenschaften benachteiligt werden. Denn die Qualität von Forschung und Lehre würde vermehrt Output-orientiert gemessen werden. Wie genau aber solche Output-orientierte Ergebnisse in den Geistes- und Sozialwissenschaften gemessen werden sollen, darüber gibt das Eckpunktepapier keinen Aufschluss.

Diese Gefahren betreffen übrigens auch diejenigen, die zum Beispiel Lehramt Mathe/Wirtschaft studieren: Denn wir alle müssen ein erziehungswissenschaftliches und fachdidaktisches Studium absolvieren!

Die Lehre spielt im Eckpunktepapier im Vergleich zu den anderen Bereichen Forschung und Transfer generell eine eher untergeordnete Rolle – Die LehrerInnenbildung ist mit keinem Wort erwähnt. Wenn die Universitäten noch selbstständiger über Fächer und Inhalte entscheiden dürften, wir am Ende unseres Studiums trotzdem die zentrale Staatsexamensprüfung schreiben müssen, wie werden wir dann auf diese vorbereitet? Das Problem, dass längst nicht an jeder Uni Vorbereitungskurse für das Staatsexamen in allen Fächern gibt existiert bereits heute und würde sich so noch verschärfen. Wie soll dann die Ausbildung in den verschiedenen Lehrämtern und deren Vergleichbarkeit aussehen?

Die Positionierung des BLLV zu dem Thema könnt ihr hier nachlesen.

Auf Basis des Eckpunktepapiers soll nun ein Gesetzesentwurf entwickelt werden. Das fertige Gesetz soll dann im Lauf dieses Jahres verabschiedet werden. Die Reform steht also noch am Anfang – deshalb ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt, sich zu informieren, Kritik einzubringen und aktiv zu werden. Denn wenn das Gesetz einmal steht, es ist schwieriger noch daran zu rütteln.

Wir bleiben auf jeden Fall dran. Die LehrerInnenbildung kann und darf in diesem neuen Gesetz nicht ignoriert werden! Wir sollen die Zukunft durch unsere pädagogische Arbeit an den Schulen gestalten, dafür brauchen wir die bestmögliche Ausbildung!

 

Linksammlung zu weiteren Informationen:

Informations- und Diskussionsveranstaltung zur LehrerInnenbildung in der Hochschulrechtsreform

Position BLLV

Eckpunktpapier

Offener Brief von bayerischen ProfessorInnen

Petition der Initiative Geistes- und Sozialwissenschaften

Stellungnahme der Landes-Asten-Konferenz

Vision einer bayerischen Hochschullandschaft 4.0

 

Artikel zu dem Thema:

Maximale Freiheit für Bayerns Unis (SZ.de vom 12.10.20)

Das Gespenst der Autonomie (SZ.de vom 14.10.20)

Mithalten mit Harvard oder Cambridge (SZ.de vom 20.10.20)

"Ich glaube nicht, dass allen bewusst ist, was da kommt" (SZ.de vom 24.10.20)

Starke Präsidien, schwache Fakultäten (FAZ.net vom 5.11.20)