Examensklausuren verschwunden

Ein Skandal: KM unterbreitet unmoralisches Angebot!

Ein Artikel von Hans-Peter Etter

Acht Studierenden blieb die Spucke weg, als sie vom Kultusministerium am 10.7.2020 einen Einschreibebrief erhielten. In diesem Schreiben wurde ihnen mitgeteilt, dass sie zwar an der schriftlichen Einzelprüfung im Fach Deutsch am 10.3.2020 teilgenommen hätten, der Verbleib ihrer Klausuren trotz intensiver Nachforschungen nicht geklärt werden kann und die Arbeiten leider unauffindbar sind.

Nun kann sich jeder vorstellen, wie es diesen acht Studierenden in dem Moment ging, der Schock wurde aber noch größer, als in dem KM-Schreiben zwei inakzeptable Optionen angeboten wurden. Die Vorschläge des KM muss man als „unmoralisches Angebot“ betrachten.

Option 1: Hier sollte der Studierende auf die erneute Ablegung der Einzelprüfung verzichten, mit der Folge, dass die Prüfungsleistung mit der Note 6 („ungenügend“) bewertet wird.

Option 2: Die Studierenden bekommen die Möglichkeit die Einzelprüfung erneut abzulegen, jedoch frühestens im Herbstsemester. Wenn man diese Option annimmt, eröffnet das KM großzügig die Möglichkeit im Rahmen einer Hospitation -trotz fehlender Prüfungsleistung-den Vorbereitungsdienst im September zu beginnen.

Letztendlich haben die Studierenden die Wahl zwischen Pest und Cholera, denn in dem KM-Schreiben steht kein Wort über die Modalitäten der Option 2:

  • Wird man trotzdem ins Beamtenverhältnis auf Widerruf übernommen?
  • Wie ist das mit der Bezahlung und der Beihilfe?
  • Werden die Zeiten bis zum Abschluss des 1. Staatsexamens angerechnet?
  • Besteht trotzdem die Möglichkeit auch eigenverantwortliche Unterrichtsstunden zu halten?

Dass ein bayerisches Staatsministerium den Studierenden anbietet, auf ein Wiederholen der Klausur zu verzichten und die Note 6 zu akzeptieren, damit man als Lehramtsanwärter im September beginnen kann, ist ein unglaublicher Skandal! Die Studierenden kamen ohne jegliches eigenes Verschulden in eine Misere und das KM unternimmt nicht alles, um den Schaden bestmöglich wieder gut zu machen.

Als einige Studierenden nach Erhalt des Briefes verzweifelt im KM anriefen, berichten sie, wie Bittsteller behandelt und sehr kurz „abgespeist“ worden zu sein.

Daraufhin wandten sich betroffene BLLV-Studierende an die BLLV-Rechtsabteilung und das BLLV-Hochschulreferat. Erst als der BLLV sich eingeschaltet hat, kam Bewegung in die Angelegenheit. Die Rechtsabteilung nahm mit dem KM Kontakt auf, um eine für die Prüflinge einigermaßen zufriedenstellende Lösung zu finden. Das KM erklärte, die Studierenden, die Option 2 annehmen, werden im Angestelltenverhältnis so gestellt, als ob sie als Beamte auf Widerruf beginnen würden. Sobald das Gesamtprüfungsergebnis dann nach Ablegung der Wiederholungsprüfung feststeht, würden sie ins Beamtenverhältnis auf Widerruf übernommen, um dann „normal“ ihre Referendariatszeit absolvieren. Das Finanzministerium hat dieser Lösung zugestimmt. Das KM betonte aber ausdrücklich, dass diese Modalität nur in diesem Jahr möglich ist, da auch in anderen Fällen Sonderregularien wegen Corona gefunden werden mussten.

Da nicht zum ersten Mal Examensklausuren verschwunden sind und es in der Folge schon eine Reihe von Verwaltungsgerichtsverfahren gegeben hat, ist die Rechtslage eindeutig! Die Klausur muss nachgeschrieben werden! Eine fiktive Note (zum Beispiel die Durchschnittsnote) ist nicht möglich. Ein Student muss mit der entsprechenden Prüfung nachweislich die geforderte Qualifikation zeigen und erbringen. Der Verursacher von verloren gegangenen Arbeiten muss alles daran setzen, dass den Prüflingen ein möglichst geringer Nachteil erwächst.

Das BLLV-Hochschulreferat stellt fest, dass diese Fälle nicht die einzigen waren und sind, sondern dass es nahezu jährlich vorkommt, dass Prüfungsarbeiten verschwinden.

Weiterhin muss sich das KM die Frage gefallen lassen, ob ein Postversand von Klausuren noch zeitgemäß ist. Das Anfertigen einer digitalen Kopie wäre beim Postversand zumindest eine Sicherheit, die in Zukunft solche Fälle vermeiden hilft.

Das KM hätte aus Sicht des BLLV diesen Studierenden zeitnah einen Nachholtermin anbieten müssen, um die Angelegenheit bestmöglich für die Studierenden zu „heilen“. Trotz Corona hätte es hier sicher Möglichkeiten gegeben, die Klausuren wurden am 10.3.20 geschrieben und die Feststellung, dass sie verschwunden sind, stand sicher schon im April fest. Von daher wäre mit einem Nachschreiben in den Monaten Mai, Juni und Juli die Angelegenheit zugunsten der acht Studierenden möglich gewesen.

Selbstverständlich stehen in solchen und ähnlichen Fällen das BLLV-Hochschulreferat, die BLLV-Rechtsabteilung und weitere Abteilungen des BLLV unseren Mitgliedern zur Seite.

Dass Klausuren immer mal wieder verschwinden, wie hier beschrieben, kommt leider vor. Unbürokratische Lösungen im Sinne der Studierenden zu finden, muss oberste Priorität haben. Jedoch muss hier abschließend noch einmal betont werden, dass die hier vorgeschlagene Lösung, eine Note 6 zu akzeptieren, um im September als Referendar anfangen zu können, fassungslos macht.