Interview mit Nicolai Fleischmann

Ein Interview mit Nicolai Fleischmann von den Studierenden im BLLV. Nicolai spricht offen über Lehrerbildung in Bayern und die geplante Beschränkung zum Referendariat.

Wie siehst Du die Lehrerbildung in Bayern heute?

Entwicklungen wie die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ zeigen es: es tut sich was an den Universitäten – und das ist auch bitter nötig. Im Frühjahr konnten wir durch bayernweite Umfragen und Gespräche mit Lehramtsstudierenden feststellen, wie viel Unmut bei den zukünftigen Lehrerinnen und Lehrern herrscht. Vor allem die Forderung nach einem an der Unterrichtswirklichkeit orientiertem Studium war zentral. Die Studierenden fühlen sich durch häufig schlecht betreute Praktika und praxisferne Lehrveranstaltungen nur mäßig auf das Referendariat vorbereitet und wünschen sich hier eine Veränderung.

Was muss hier Deiner Meinung nach passieren?

Damit es gelingt, bei den Studierenden schon während des Studiums ein realistisches Bild vom schulischen Alltag zu schaffen, ist eine bessere Verzahnung der verschiedenen Phasen der Lehrerbildung unabdingbar. Hierfür muss die Zusammenarbeit Universität – Schule – Seminar gestärkt werden. Auch ein Programm, dass Studierende flächendeckend als Assistenzlehrkräfte einsetzt, ist denkbar und birgt in der heutigen Zeit zunehmend heterogener Klassen eine riesige Chance: die Studierenden können Praxiserfahrungen sammeln und sich etwas dazuverdienen, Lehrkräfte werden entlastet und Schülerinnen und Schüler können endlich wirklich individuell gefördert werden.

Wie stehst Du zur geplanten bayerischen Zulassungsbeschränkung zum Referendariat?

Gegen Beschränkung für Bildung!

Den Gesetzesentwurf zur Zulassungsbeschränkung des Bayerischen Referendariats sehe ich sehr kritisch. Geht er durch, hätte dies zur Folge, dass man trotz Einhaltung der Regelstudienzeit bis zu 10 Jahre braucht bis man mit Studium und Referendariat fertig ist. Das Gemeine daran: man weiß vor Beginn des Studiums nicht, ob die eigene Fächerkombination im Laufe des Studiums beschränkt wird. Die Folge: viele Abiturienten werden sich gegen ein Lehramtsstudium entscheiden. Gerade heutzutage werden Lehrkräfte jedoch gebraucht wie nie. Die Flüchtlingsthematik und Herausforderungen wie die Inklusion verlangen nach mehr gut ausgebildeten Lehrkräften als je zuvor. Die Lösung des Überangebots an Referendaren in gewissen Fachbereichen kann nur eine Stärkung der Polyvalenz der Lehramtsstudiengänge sein. Beratungsangebote, unbürokratische Wechsel zu anderen Schularten und ein Bachelor/Master System würden die Situation entlasten. Eine Warteliste für das Referendariat hingegen schiebt das Problem nur auf.

Was sind die heutigen Probleme und Bedürfnisse von Lehramtsstudierenden?

Für viele Kommilitonen ist die Angst, später keinen Job zu bekommen sehr präsent. Gerade in den beliebten Fächerkombis, wie Deutsch/Geschichte o.Ä. ist der Druck, gute Noten schreiben zu müssen allgegenwärtig. Die hohe Belastung im Lehramtsstudium sorgt bei immer mehr Studierenden für Prüfungsangst und Bulemielernen. Richtig vorbereitet auf den Lehrberuf fühlen sich hingegen die wenigsten. Wie ist es denn vor einer Klasse zu stehen? Was tue ich, wenn Maria und Steffi nicht aufhören wollen sich an den Haaren zu ziehen, während Mehmet und Tom Papierflieger durch den Raum segeln lassen?

Welche Zukunftsängste plagen Euch?

Lehramtsstudierende binden sich bereits mit Ihrer Studienwahl in gewisser Weise an den Staat als zukünftigen Arbeitgeber mit dem Ziel eines Staatsexamens. Was aber, wenn der dich nicht will? Sprich, deine Noten reichen nicht, um nach dem Studium eine Stelle zu bekommen. Viele Kommilitonen wünschen sich deshalb ein gut durchdachtes Bachelor/Master System um ihre Zukunft flexibler gestalten zu können und auch ohne Einser-Schnitt eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Kommt es dann auch noch zu der geplanten Beschränkung der Zulassung zum Referendariat, ergeben sich weitere Unsicherheiten: Wie finanziere ich bis zu drei Jahre auf der Warteliste? Was, wenn ich nach dem Referendariat trotzdem keine Stelle bekomme? Waren dann all die Jahre Ausbildung umsonst? Die Unsicherheiten hier sind groß.

Wie sehen Deine Visionen für die Zukunft der Lehramtsstudierenden in Bayern und der bayerischen Lehrerbildung aus?

Ich wünsche mir, dass Lehramtsstudierende in Zukunft eine klare Vorstellung vom Alltag in der Schule vermittelt bekommen und Ihnen die nötigen Softskills, Erfahrungen und ein umfassendes Repertoire an Methoden mit auf den Weg gegeben werden. Für die Lehrerbildung hoffe ich, dass die Polyvalenz und die Gleichwertigkeit der Lehrämter gestärkt werden.