Man(n) kann das auch!

Julius Ruf studiert Grundschullehramt. Und fragt sich, was daran so besonders sein soll. Männer sollten nicht mehr belächelt werden, wenn sie Erzieher oder Grundschullehrer werden möchten.

Eine ganz klassische Unterhaltung. Eine, die in identischer Weise in jeder Bar, auf jeder Familienfeier oder bei einem Treffen mit neuen Leuten aufkommen kann: "Was machst du eigentlich so?" Mir ist diese Frage schon das ein oder andere Mal gestellt worden. Erstaunlich dabei ist nur, dass die Reaktion auf meine Antwort nahezu immer dieselbe ist. Aber erst seit ich Grundschullehramt studiere:

„Ohhh, wie süß, eine Grundschulmausi!!! Das finde ich aber sehr toll, dass du das machst!“

Aber warum ist das so besonders, sich als Mann dazu zu entscheiden, Kinder in diesen jungen Jahren auf ihrem Weg zu begleiten?

Ich glaube, dass dies verschiedene Gründe hat. Häufig wird die Arbeit an der Grundschule von der Gesellschafft immer noch stark unterschätzt und belächelt. Den Kindern werde dort doch nur ein bisschen lesen, schreiben und rechnen beigebracht. Zwischendurch singen die Kleinen vielleicht noch ein wenig im Sitzkreis, während die Lehrerin auf ihrer Gitarre drei Akkorde dazu spielt. Gerade in den ersten Klassen bekommen die Kinder ja nur die einzelnen Buchstaben und Zahlen vorgestellt und müssen diese dann in ihr Heft abmalen.

Grundschule vs. weiterführende Schule

Wenn dann noch der erzieherische Lehrauftrag zur Sprache kommt, wird, so kommt es mir häufig vor, die Lehrkraft lediglich als eine besser qualifizierte Erzieherin angesehen. Ebenso wird der Lehrberuf an einer weiterführenden Schule häufig als "besser und anspruchsvoller" angesehen. Das spiegelt sich leider auch in der Bezahlung und möglichen Aufstiegschancen wider. Diese fehlende Wertschätzung sorgt mitunter dafür, dass sich Studierende, vor allem Männer, eher für eine weiterführende Schulart entscheiden.

Kinder brauchen sowohl weibliche als auch männliche Bezugspersonen

Doch ist es nicht gerade in unserer jetzigen Zeit, in der Kinder häufig schon im Kleinkindalter in Kitas gehen, beide Eltern den halben Tag berufstätig sind und somit die Kinder einen Großteil ihrer Zeit mit Kindergärtner*innen und Grundschullehrer*innen verbringen, wichtig, dass es auch dort ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis gibt? Kinder benötigen auch oder vor allem in jungen Jahren, weibliche und männliche Bezugspersonen, von denen sie lernen können.

Ich finde es wichtig, dass Kinder sowohl von Frauen als auch von Männern in der Grundschule unterrichtet werden. Natürlich steht in der Primarstufe der pädagogische Anteil an Aufgaben, die während des Unterrichts zu bewältigen sind, mehr im Vordergrund, als bei einer 10 Klasse an einem Gymnasium. Aber diese Arbeit ist wahnsinnig wichtig. Bis heute erinnere ich mich gerne an meinen Musiklehrer in der Grundschule zurück, der mich in vielen Dingen geprägt hat und mitunter ein Grund ist, warum ich heute Grundschullehramt studiere.

Die Gesellschaft bedarf Veränderung, was die Geschlechterrollen angeht

Ich glaube, dass der Beruf des Grundschullehrers und die Entscheidung, dieses Lehramt zu studieren, attraktiver wird, wenn die Gesellschaft dem Beruf mehr Anerkennung zukommen lässt und ihn wie alle anderen Lehrämter gleichwertig behandelt. Wenn Männer nicht mehr belächelt werden, wenn sie Erzieher oder Grundschullehrer werden möchten. Sollte die Einstellung nicht schon längst überholt sein, dass Frauen sich um die pädagogische Erziehung in Kindergärten und Grundschulen kümmern, während die Männer an den weiterführenden Schulen wissenschaftlichen Unterricht halten?

Man(n) kann das auch!

Zum Autor: Julius Ruf studiert Grundschullehramt in Würzburg und ist als dritter Beisitzer im Vorstand der Studierenden im BLLV aktiv. 


"Alle Lehrer sind Lehrer" Dieser Grundsatz gehört seit Jahren zu den Eckpunkten der BLLV Politik. Konsequenterweise fordert der BLLV im Leitantrag zu Dienstrecht und Besoldung unter anderem die Anhebung der Eingangsbesoldung auf A13 für alle Lehrämter und benennt nötige Maßnahmen, um attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen im Kampf gegen Lehrermangel und für starke Lehrer, starke Schulen und starke Schüler.