Und noch eine Hausarbeit.

Semesterferien. Theoretisch ist das die Zeit, um das Buch zu lesen, das schon seit Wochen auf meinem Nachttisch liegt, dem Hobby nachzugehen, wofür ich während der Klausuren keine Zeit gefunden habe oder um endlich mal die Füße hochzulegen und zu entspannen.

Tja, das war zumindest das, was ich mir einst unter den „Semesterferien“ vorgestellt hatte. Doch an der Uni musste ich bald schmerzhaft erfahren, dass es nicht wirklich „Semesterferien“ heißt, sondern „vorlesungsfreie Zeit“.

Ich gebe zu: In den ersten Semestern war ich noch viel auf Reisen und hatte tatsächlich 1-2 Monate frei. Die Realität hat mich jedoch schnell eingeholt. Sie trägt den Namen: Hausarbeiten. Diese lästigen Arbeiten, die sich im Laufe des Semesters gefährlich hoch auf meinem Schreibtisch türmen.

An und für sich ist es ja okay, dass wir in den „Ferien“ auch was für die Uni tun müssen. Studieren heißt eben auch arbeiten und dazu gehören auch Hausarbeiten. So weit, so gut. Was mich allerdings wirklich stört, ist die Art und Weise, wie wir Hausarbeiten schreiben sollen bzw. wie damit umgegangen wird. Zuerst wäre da die Themensuche: „Bitte wählen Sie etwas passendes zum Seminar, aber kein Thema, das schon jeder hat und zu umfangreich soll es bitte auch nicht sein.“ Klar, schaff ich. Doch wenn ich dann ein passendes Thema gefunden habe, fällt mir plötzlich auf, dass es gar keine Literatur in der Unibib dazu gibt. Jedenfalls nicht genug, um 20 Seiten zu füllen. Also geht die ganze Suche von vorne los.

Ist dann endlich ein passendes Thema gefunden, fehlt mir die Freiheit, frei forschen zu können und eigene Aussagen aufstellen zu dürfen. Erst müssen wir Lehramtsstudenten 1.000 Bücher wälzen, die wir dann in eigenen Worten wiedergeben müssen, um dann unser Fazit daraus zu ziehen. Das bedeutet also, dass diese 20 Seiten am Ende zu 99,9% aus Fußnoten bestehen, damit bloß kein Platz für eigene Gedanken bleibt. Da frage ich mich doch: Wo bleibt denn da der Sinn?

Was sagt eine Hausarbeit aus, wenn ich doch nur die Worte anderer wiedergebe? Wo bleibt die eigene Denkleistung?

Klar, muss ich mich intensiv mit einem Thema auseinandersetzen, um darüber zu schreiben, aber eine eigene Reflexion oder meine eigene Meinung formulieren zu dürfen, wäre meiner Meinung nach viel sinnvoller, als nur stur trockene Fachtexte wiederzugeben.

Auch frage ich mich: Sind über 10 Hausarbeiten wirklich sinnvoll im Lehramtsstudium? Sollte dieser Arbeits- und Energieaufwand, sowohl von den Studenten, als auch von den Dozenten, die korrigieren müssen, nicht lieber in Praxisbeispiele, Didaktikunterricht, Stärken der Lehrerpersönlichkeit, etc. fließen?

Hausarbeiten sind meiner Meinung nach keine geeignete Prüfungsform und sollten, gerade im Lehramtsstudium, gründlich überdacht werden! Wir müssen uns mehr auf die Praxis* fokussieren anstatt noch mehr Bücher zu wälzen.

Praxiserfahrung ist das, was wir später in der Schule brauchen und nicht das x-te Buch von Klafki.

 

Anmerkung: Der BLLV fordert mit dem flexiblen Lehrerbildungsmodell eine Reform der Lehrerbildung, die auch mehr Praxis beinhaltet!

Die Autorin, Carina Schmidt, studiert Grundschullehramt in Passau und ist im Vorstand der Studierenden im BLLV aktiv.